Kritische Zonen & Unberührte Tiefen

Seit jeher ringt der Mensch noch den kargsten Erdschollen seinen Lebensraum ab. Doch übersteigt der Grad der menschlichen Ausbeutung längst alle natürlichen Widrigkeiten, ist es der Mensch, der für die Gesamtheit allen – auch seines eigenen – Überlebens die größte Gefahr darstellt. Zentral für die Reflexion des Anthropozäns ist der aus der Geologie stammende Begriff der »Kritischen Zone«, der die dünne, fragile Schicht der Erdkruste bezeichnet, in welcher allein Leben entsteht. Selbst technologische Lösungen gegen den Klimawandel – wie Erdwärmebohrungen, Carbon-storage-Technologien oder Tiefseebergbau nach seltenen Erden – laufen aber Gefahr, das menschliche Vordringen nur zu verstärken und jene dünne Haut der Erde umso nachhaltiger zu schädigen.

Kann es genügen, humanökologische Interdependenzen in smartes geoengineering zu übersetzen? Treiben nicht alle technologischen Konzepte zwangsläufig die anthropozentrische Katastrophe nur noch weiter voran? Müssen wir nicht eine Ethik selbstgesetzter Endlichkeit entwickeln, uns um die Bewahrung und Schaffung unerreichbarer Zonen sorgen? Braucht es moderne Minimalismen und Anti-Abriss Manifeste, Mythen des Unberührten, neue Rituale der Wiederverzauberung, fundamentale Tabus oder einfach nur einen tiefen Blick in den Kosmos, in das Fernste im Nächsten, die Anerkennung eines absoluten Außen?