Innere Ödnisse & Alteritäre Gemeinschaften

Sind wir nicht bald mit ebenso vielen Wüsten konfrontiert, wie es Individuen auf dem Planeten gibt? Isolation und Abschottung, Ressentiment und Fremdenhass infolge sozialer Ungleichheit oder kultureller Verwerfungen, Depressionen und Angststörungen als Effekte eines omnipräsenten Individualismus sind die Kehrseiten vernetzter Gesellschaften.

Längst befinden wir uns in einer Epoche »des Nebeneinanders, des Zerstreuten« – der Ära der Netze. Im Zuge ihrer immensen Verbreitung verändern Soziale Medien die Lebensformen der Menschen radikal. So geht das exponentielle Anwachsen digitaler Relationen mit bisher unbekannten Formen von Entfremdung und einer Erosion zwischenmenschlicher Beziehungen einher. Längst ist unübersehbar, dass maximale Konnektivität gesellschaftlichen Zusammenhalt zersetzen kann. Nicht nur soziale Ökologien, auch die heutigen Kommunikationsmedien liegen in »digitalen Trümmern«: Spam ersetzt produktiven Austausch, Bots und Scammer reale Gesprächs- oder Lebenspartner, Künstliche Intelligenz-Systeme multiplizieren die Varianten der Verfälschung und Entwertung, befeuern den Rückzug vom Gemeinsamen und Gemeinschaftlichen.

Und doch sind diese neuartigen hybridisierten Formen sozialer Organisation res publica, zwingen sie nicht zuletzt zur über die Formen der Auseinandersetzung: Wie einem derart von Überhitzung gekennzeichneten kommunikativen Klima begegnen, was der daraus resultierenden psychischen und seelischen Austrocknung entgegensetzen? Mit welchen Begriffen ließe sich menschliche Bezüglichkeit gerade von ihren Schwundstufen aus neu denken, wie die Sphäre des Kommunalen erneuern? Worin könnte eine auf einer Humanität des Alteritären basierende Gemeinschaftlichkeit des Gemeinsamen bestehen?